WWE DOKU | Die dunkle Seite von Brock Lesnar (2/2)

Bei diesem Video-Artikel handelt es sich um Teil 2. Hier gelangt ihr zu Teil 1: https://www.spotfight.de/2023/10/02/wwe-doku-die-dunkle-seite-von-brock-lesnar-1-2/

Brock Lesnar: Der geborene Kämpfer. Für manche ist er das größte athletische Talent der Wrestling-Geschichte, für andere nur ein aggressiver Egoist und Schläger.

Vor allem in jungem Alter hat Brock Aggressionsprobleme. In seiner Football-Zeit ereignet sich ein heftiger Zwischenfall. Bei einem gemeinsamen Training seiner Vikings mit den Kansas City Chiefs geht ein Gegner Lesnars Mitspieler unsportlich an. Lesnar fragt, wer das war. Beim nächsten Spielzug dann die Rache: Lesnar packt sich den Unruhestifter und verpasst ihm einen Suplex. Mitten im Spielzug. Mitten auf das Football-Feld. 

EINER DER BESTEN FIGHTER

Er ist ein Kämpfer. Und zwar ein verdammt guter. Das weiß er, deswegen geht er keiner Schlägerei aus dem Weg. Noch weiß er nicht, dass er bald auch offiziell als einer der besten Kämpfer der Welt gelten wird.

Die Football-Karriere endet bitter. Der sonst unverwundbar scheinende Lesnar hat einen Unfall. Ein Minivan rammt sein Motorrad. Kiefer gebrochen, die linke Hand auch, Eingeweide verschoben, Thema Football abgehakt. Nach diesem Unfall geschieht etwas sehr Aussagekräftiges.

Brock Lesnar geht betrunken in ein Tattoostudio in Phoenix, Arizona. Er lässt sich ein gigantisches Motiv stechen. Ein furchtenflößendes. Das scharfe Schwert mit dem Knucklegrip geht vom Bauchnabel ganz hoch bis zur Kehle. Fast schon in die Kehle hinein. In seiner Autobiographie schreibt er dazu: „Ich hab mich gefühlt, als würde mir das Leben ein Schwert direkt an die Kehle halten. Ich hab mich unter die Tätowiermaschine gelegt, weil ich niemals vergessen wollte, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe. Das Tattoo auf meiner Brust hat so viel Bedeutung für mich. Auf gewisse Weise ist es lustig, weil ich diese Phase meines Lebens eigentlich so sehr vergessen will. Aber ich weiß, dass ich diese Erinnerungen als Motivation nutzen kann.“

Lesnar hat auch weitere dunkle Motive. Zum Beispiel einen großen Dämonenkopf mit riesigen Zähnen. Unter dem Dämonenkopf steht „Kill ‚Em All“ geschrieben – „Töte sie alle“.

GESPRENGTE ERWARTUNGEN

Sicher hätte er im Football auch abgeräumt, wenn der Unfall nicht dazwischen gekommen wäre. Denn Lesnar dominiert alles. Auch das MMA. In der UFC kämpft er sich hoch, wird Schwergewichtschampion und ist jetzt einer der besten Kampfsportler weltweit. Mit Leichtigkeit erledigt er die damaligen Größen des MMA und lässt Pro-Wrestling in einem glaubwürdigen Licht dastehen. 

Eigentlich hätte er gar nicht so erfolgreich werden dürfen. Sein Training war ganz anders und laut Experten nicht ausreichend, um in der UFC ernsthaft anzugreifen. Lesnar sind menschlich gesteckte Grenzen und Expertenmeinungen aber egal. Denn er sprengt die Grenzen des Erwartbaren.

Gestoppt wird er wieder nur durch gesundheitliche Probleme. Die sind dieses Mal sogar lebensgefährlich. Er ist körperlich weit entfernt von seinem Zenit und verliert so den UFC-Championtitel. 

Später kam er allerdings nochmal zurück ins Octagon und fightete gegen Mark Hunt. Das war nach seinem WWE-Comeback. Sein Gegner: eines der besten Schwergewichte zu dieser Zeit. Lesnar war gedopt, aber er besiegte ihn. Eine beeindruckende Leistung, weil er lange nicht mehr im Octagon war. 

Einer der größten UFC-Fighter Conor McGregor hatte auch mal eine längere Kampfpause, aber scheiterte danach heftig. Er sagt: “Wenn du einmal raus bist, bist du raus.” Das gilt offenbar nicht für Brock Lesnar. Über den machte sich Conor McGregor übrigens lustig. Die Antwort von Lesnar ist vielsagend.

ZURÜCK BEI WWE

2012 feiert Lesnar seine WWE-Rückkehr. Am Ende gehört er trotzdem in den Wrestling-Ring. Es ist zwar auch nur ein Job für ihn, aber ein paar Vereinbarungen mit Vince machen das Ganze erträglich. Lesnar muss nicht mehr ständig touren, macht wenig Auftritte für viel Geld. Diesen Status hat er sich erarbeitet. Vince ist misstrauisch. Vielleicht noch etwas sauer wegen damals. Aber er hat aus Business-Sicht keine andere Wahl. Er muss wieder auf Brock setzen. Wieder bekommt Brock einen Push, wie ihn zuvor keiner gesehen hat. Lesnar darf die WrestleMania-Siegesserie des Undertakers brechen, er darf John Cena dominieren und gewinnt ständig große Titel. 

Und Lesnar findet so langsam hinein in einen für ihn passenden Lebensstil. Er lebt mit seiner Familie auf der einsamen Ranch. Hin und wieder taucht er dann für den Zahltag bei WWE auf. 

2015 saß die gesamte RAW-Crew fest wegen eines Schneesturms. Viele Wrestler und Backstage-Mitarbeitende an einem Ort. Um das Beste aus der Situation zu machen, nahm Lesnar viel Geld in die Hand. Er bestand darauf, dass die Hotelbar den ganzen Abend geöffnet bleibt. Alkohol scheint etwas zu sein, über das Brock Lesnar mit anderen connected. Seth Rollins machte sich das zunutze. Er wusste, dass Lesnar ein Biertrinker ist und sein Lieblingsbier Coors Light ist. Also brachte er ihm ein Pack Coors Light-Bier in den Backstage-Bereich mit, um das Eis mit Lesnar zu brechen. 

ARROGANZ

Aber mit Lesnar klarzukommen ist alles andere als leicht. Denn er schaut auf viele herab. Gegenüber Dean Ambrose beispielsweise hatte er nie wirklich Respekt. Deshalb enttäuschte ihr Match bei WrestleMania 32 auch viele. Die beiden konnten nicht gut miteinander. Ambrose war danach total frustriert. Anders als seine Shield-Kollegen Rollins und Reigns schaffte er es nicht mit Lesnar warm zu werden. Lesnar mag noch immer viele Menschen nicht. Das wird sich auch nicht ändern. Er ist zwar älter, reifer und nicht mehr so impulsiv wie früher. Aber ein Hang zur Aggression ist immer noch erkennbar. 

Beim SummerSlam 2016 gerät er mit Chris Jericho in einen Kampf. Jericho ist zu diesem Zeitpunkt bereits eine Legende und ein Veteran des Geschäfts. Ehemals einer der technisch versiertesten Wrestler der Branche. Da war außer sich vor Wut.

Als Lesnar backstage auftaucht, stellt Jericho ihn zur Rede. Die beiden Superstars stehen sich wütend gegenüber. Eine Auseinandersetzung droht. Glücklicherweise greifen Triple H, Vince McMahon und Helfer ein und trennen die beiden. Jericho hatte sogar angekündigt, dass er Lesnar in die Nase beißen würde. Ob er das überlebt hätte, ist die zweite Frage.

GRENZÜBERSCHREITUNGEN

Aber die Sorge von Jericho war berechtigt. Denn Orton hatte danach eine echte Gehirnerschütterung und fiel aus. Diese Art des Ringstils ist ein Spiel mit dem Feuer. Dass Lesnar skrupellos dafür ist, überrascht nicht. Dass Vince als Entscheider nichts dagegen unternimmt, ist aber besorgniserregend. 

Brock Lesnar ist im Ring teilweise rücksichtslos. Das war schon bei seinem ersten Run in den frühen 2000ern der Fall. In einem Interview erzählt Lesnar fast stolz, wie er mit harten Schlägen Kurt Angles Nacken verletzt hat. 

Auch Braun Strowman hat die Härte von Lesnar im Ring zu spüren bekommen. Er ist einer von den Wrestlern, die Lesnar nie so richtig respektierte. Lesnar wollte professionell sein, stieg mit ihm in den Ring, alles lief nach Plan, bis Strowman zu harte Punches gegen Lesnar austeilt. Lesnar ist blitzschnell auf 180. Sein Temperament ist unverändert und er wechselt kurz die Sportart. Für ein paar Sekunden blitzt der UFC-Brock Lesnar auf. Er verpasst Strowman echte und harte Schläge gegen den Kopf. Eine Grenzüberschreitung, auch in den Augen vieler Wrestler. Es ist total normal, dass Wrestler auf zu harte Schläge der Gegner antworten mit Härte im Ring. Das ist unter Wrestlern etabliert. Nach dem Motto: Wenn du richtig reinhaust, tue ich das Gleiche. Aber Schläge gegen den ungeschützten Kopf sollte niemand auf die leichte Schulter nehmen. 

WUT

Es gibt weitere unschöne und aggressive Zwischenfälle mit Lesnar. Selbst gegenüber Vince McMahon hält Lesnar sein Temperament nicht zurück. Nach WrestleMania 34 ist er so genervt, dass er seinen Titel auf Vince wirft. Lesnar war extrem aufgebracht, weil die Zuschauer sich in seinen Augen respektlos verhielten, dem Match keine Aufmerksamkeit schenkten, Wasserbälle durch die Reihen warfen. Er wütet backstage. Hat keine Lust mehr. Aber seine Frau Sable beruhigt ihn.

Einige Wochen später ist er wieder entspannt. Streift durch die Wälder auf der Suche nach Wild. Brock Lesnar geht gerne jagen. Er ist Mitglied der National Rifle Association. Jagen, das ist Teil von ihm. In seiner Familie gibt es viele Jäger, aber er liebt es am meisten. Natürlich gibt es dabei Regeln. Aber die sind für Lesnar weniger wichtig. 2011 zogen ihn die Behörden für einen Verstoß zur Rechenschaft. Er schoss einen Maultierhirsch, versäumte es aber ihn ordnungsgemäß zu markieren. Die Strafe: 1.500 US-Dollar und Jagdverbot in Kanada. 

Aber das waren nicht die einzigen Probleme, die Lesnar mit dem Gesetz hatte. 2001 verhaftete die Polizei ihn für den angeblichen Besitz von Steroiden. Das war während seiner Zeit in der WWE Entwicklungsliga OVW. Die Substanzen stellten sich aber als legal heraus und die Polizei belangte Lesnar nicht weiter. 

Lesnar sind Regeln nicht wichtig. Er bricht Verträge, dopt im Kampfsport, jagt auf seine Art und lässt sich ungerne reinreden. Er ist ein freiheitlicher Mensch. Konservativer Republikaner und Trump-Supporter. Aber Lesnar fühlt sich in seiner Freiheit auch schnell eingeschränkt. Häufig von Menschen. Er mag keine Menschen und schreckt vor keiner Prügelei zurück. Einige wenige Menschen liebt er. Viele Menschen mag er nicht, er respektiert auch nur einige seiner Kollegen. Den Undertaker zum Beispiel. Obwohl er selbst mit ihm Beef hatte, die beiden gerieten bei einem UFC-Auftritt von Lesnar aneinander.

Gerade mit Menschen, die Lesnar nicht respektiert, gerät er schnell aneinander. Er ist ein Mann mit klaren Grenzen. Ein Mann mit Arroganz. Ein Mann mit Egoismus. Ein Geschäftsmann, ein Biest und vor allem ein Kämpfer. 

Recherche & Produktion: Jonathan Guthy

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