
Manchmal sind es die kleinen Geschichten, durch die wir einen guten Einblick hinter die On-Air-Personas unserer Wrestling-Stars erhalten. Eine solche Story spielte sich vor knapp zehn Jahren hoch oben in Alaska ab, wo die Nächte kalt und die Bars voll sind. Gerade dann, wenn Chris Jericho mit unterwegs ist und endlich einmal John Cena besiegen möchte. Hier ist die Geschichte eines denkwürdigen Abends, von denen es „on the road“ eine ganze Menge gibt.
Chris Jericho nennt sie „Yeah Boys“, seine Lieblingsdrinks, die nur aus Wodka und Eis bestehen. Mit diesen will er in dieser Nacht endlich einen Sieg über John Cena einfahren, auch wenn die Chancen klar gegen ihn stehen. Chris Jericho ist kein regelmäßiger Trinker, aber betritt er eine Bar, ist er meist der Letzte, der später wieder geht. Dieser Wettkampfgeist ist irgendwie in einem Wrestler verankert. Natürlich gibt es keinen offiziellen Contest, wer mehr Alkohol vertragen kann, aber Jericho stört es durchaus, dass er ausgerechnet gegen Cena immer das Nachsehen hat.
John Cena und Chris Jericho verbindet eine ausgedehnte berufliche Freundschaft. Die beiden stehen seit vielen Jahre gemeinsam für die WWE im Ring, haben Spaß in ihren Matches und treffen sich gerne für Aktivitäten zwischen den vielen Shows. Es ist die Art von Beziehung, die solange fruchtet, wie sie andauert und danach verliert man sich ohne Beef aus den Augen. Die typische Beziehung eben zwischen zwei sich sympathischen professionellen Wrestlern.
Die WWE macht gerade für ein paar Shows in Alaska Halt und nach einer Show in Anchorage haben Jericho und Cena nichts Besseres zu tun, als zum Aufwärmen eine Bar gefüllt mit Wrestlingfans zu betreten. Laut Jericho sind es draußen minus 40 Grad (also zumindest ist es sehr kalt) und John Cena hat seine typischen kurzen Jeans an, beschwert sich aber nicht ein einziges Mal. Die „Yeah Boys“ fließen und jeder von uns wäre wohl gerne live dabei gewesen, wenn sich zwei Weltstars abseits ihrer Charaktere zeigen. Wie sich herausstellt, spielt das bei John Cena keine Rolle, denn John Cena ist einfach John Cena und im Privatleben kaum anders als im WWE-Ring. Vielleicht mit etwas mehr Alkoholkonsum.
Das kann im Verlauf des Abends ein junges Ehepaar bezeugen, über das keine näheren Details überliefert sind. John Cena, ganz der Held von Make-a-Wish, setzt sich, vom Wodka bereits benebelt, zu den beiden, als er feststellt, dass es in ihrer Ehe zu kriseln scheint. Es beginnt eine intensive Paartherapie, nachts in einer Bar in Alaska, geführt von John Cena, der offenbar genau die tief emotionalen Worte findet, die seine Promos oft auch im TV ausmachen. Das Paar hört intensiv zu, vermutlich auch noch einige andere, dann gehen die beiden zusammen mit Cena tief in sich, erkennen, dass sie füreinander geschaffen sind und beschließen, es noch einmal miteinander zu versuchen, obwohl ihre Scheidung schon angelaufen ist.
Jericho und Cena beschließen nach der guten Tat hoch auf Jerichos Zimmer für ein paar weitere Drinks zu gehen. Was John Cena an dieser Stelle nicht weiß (und was erst Jahre später in Jerichos Biographie stehen soll), ist, dass Jericho während solcher Trink-Wettkämpfe für gewöhnlich jeden dritten Drink über die Schulter oder in einen Blumentopf kippt. Irgendwann hat ihm Ric Flair einen Trick beigebracht, wie er jeden Jack-Daniels-Gurgel-Contest gewinnen kann. Wrestling-Storylines schreiben sich im Grunde von alleine.
Dann geht bei Chris Jericho das Licht aus. Der Alkohol siegt am Ende immer, aber hat Y2J gegen Cena gewinnen können? Der bemerkenswerteste Alkoholmoment Jerichos ist aus einer Bar nahe Tokio überliefert. Diesmal war es keine private Runde. Die gesamten Roster von Smackdown und Raw machten nach einer Show Halt für ein paar Drinks. Jericho ging mit Anlauf voran und seine „Yeah Boys“ ließen die eine Idee in ihm reifen: Du musst einmal im Leben deine Freunde geküsst haben. Hier ist der Undertaker. Der Undertaker ist dein Freund. Und so verbrachte Jericho den ganzen Abend damit, keinen Geringeren als das Phenom höchstselbst um einen Kuss auf die Lippen zu bitten. Dieser ließ sich von der Idee nicht so recht begeistern und gab Jericho immer wieder einen Korb. Dann jedoch, nach drei Stunden der Schmeicheleien, schaffte es Chris Jericho tatsächlich, den Undertaker auf die Wange zu küssen. True Story.
Jetzt aber erwacht Chris Jericho ein paar Stunden später nach einer ausschweifenden Wodkanacht im tiefsten Alaska aus dem Koma. Er öffnet die Augen und muss fast laut aufschreien, als er eine dunkle Gestalt in der Ecke des Raums sieht. Natürlich ist es John Cena höchstpersönlich, der es sich auf der Couch gemütlich gemacht hat, von Jerichos Bieren trinkt und dabei Classic Rock auf dessem iPod hört. Als Gutmensch, der er nun einmal ist, hat er vorher dem ausgeknockten Jericho die Schuhe ausgezogen und ihn ins Bett gebracht und zugedeckt. John Cena 1, Chris Jericho 0.
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