Brock Lesnar: Der Teilzeitprofi und das Problem an der Spitze (BRENNPUNKT WRESTLING)

Seit ungefähr zwei Jahren existiert inzwischen die Universal Championship, eingeführt als der Heavyweight Titel bei  Raw und somit mindestens gleichgewichtig mit dem WWE-Titel bei SmackDown. In der Praxis hat sich dieser anfangs noch belächelte Gürtel nun doch zum gefühlt wichtigsten Preis, den es bei World Wrestling Entertainment zu gewinnen gibt, gemausert: Nicht ein rosterübergreifender PPV wurde seit dem Sommer 2016 und dem Brand Split von einem Kampf um den altehrwürdigen WWE-Championship abgeschlossen. Dafür findet sich in der Liste der Main Events in dieser Zeit immer wieder: Brock Lesnar.

Der wohl umstrittenste Pro-Wrestler / MMA-Fighter, den es in beiden Branchen gibt, hält den wichtigsten Titel von WWE inzwischen seit über einem Jahr. Das bedeutet, dass das Zugpferd von WWE im TV-Bereich von einem Teilzeitprofi angeführt wird. Oder besser gesagt: Raw hat eine Lücke an seiner Spitze. Was mit dem zweifelhaften Titelgewinn von Bill Goldberg Anfang 2017 begann, setzt sich als gefährlicher Trend bis heute fort. Während WWE-Champion AJ Styles bei Smackdown im selben Zeitraum wöchentlich mehrere Kämpfe bestreitet (TV plus Houseshows), verdient Brock Lesnar für einen Minimalaufwand genug, um mittlerweile wahrscheinlich für die nächsten Jahrzehnte ausgesorgt zu haben.

Warum das Ganze? Wirklich nur, um einen erneuten verzweifelten Versuch zu starten, Roman Reigns endlich over zu bringen? Um den Rekord von CM Punk aus den Jahren 2011/2012 zu egalisieren? Oder geht es vielleicht auch einfach darum, Herrn Lesnar, der nachweislich immer noch für höhere Einschaltquoten beim Wrestling-Marktführer sorgt, die WWE als Arbeitgeber weiterhin schmackhaft zu machen? Letzteres dürfte sicher ein Knackpunkt für die WWE-Chefetage sein, denn die Causa Lesnar war bereits vor dessen Auftritt bei UFC 226 ein fast schon emotionales Thema. Vince McMahon befindet sich hier nämlich in einer Zwickmühle: Brock Lesnar und sein vermeintliches Comeback beim MMA-Marktführer sorgen für Aufmerksamkeit bei Fans und Presse, andererseits muss die WWE dabei auch um eine ihrer wichtigsten Attraktionen bangen. Sowohl was Lesnars physische Beschaffenheit als auch seine Loyalität zum Sports Entertainment allgemein angeht. Fakt ist: Beide Sportarten machen aus ihm einen reichen Mann. Fakt ist aber auch: Die derzeitige Situation missfällt den Fans beider Sportarten gleichermaßen.

Die WWE ist sich dessen gänzlich bewusst und spielt mittlerweile auch on air ganz offen mit Brock als Faulem Millionär, dem die Bedürfnisse der Fans und selbstverständlich auch seine Mitstreiter im Vier- sowie im Achteck nicht egaler sein könnten. Der egoistische Rüpel verkauft sich als Bösewicht natürlich super, das wissen sowohl Vince McMahon als auch Dana White, doch jeder smarte Fan von WWE und UFC ist von dieser Darstellung mittlerweile angeödet.

Und man kann es einfach nicht oft genug wiederholen: Ob Brock Lesnars Rolle als völlig rücksichtsloser Egoist nun gänzlich ein Gimmick ist oder nicht, sie blockiert in jedem Falle seit über einem Jahr die Spitze der Company. Gerade bei Raw gäbe es mit Finn Balor, Seth Rollins, Dean Ambrose, Bray Wyatt, Braun Strowman oder auch (und da hat die WWE wirklich ganze Arbeit geleistet, dass man sich mittlerweile selbst das wünscht) Roman Reigns so viele Alternativen und vor allem auch Storylines, die man erzählen könnte. All das findet seit über einem Jahr nicht statt.
Die WWE hat sich mit ihrem Booking um die Universal Championship viel verbaut, was ein Roman Reigns alleine wohl nur sehr schwer retten kann. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Eigentlich gibt es in dem gesamten Szenario wirklich nur eine Person, der hierbei ein Gefallen getan wurde. Und das ist einzig und allein Brock Lesnar selbst.

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