Das große Leiden von WWE-Riese André | Wrestling Stories

Wir kennen ihn als das achte Weltwunder, WWF Champion, Wrestlemania-Main Eventer und Hall of Famer. André the Giant ist eine der erfolgreichsten und im wahrsten Sinne des Wortes größten Legenden der Wrestling-Geschichte. Mit einer angekündigten Größe von 2,24 Metern und einem offiziellen Kampfgewicht von 236 kg bestaunte man ihn als einen waschechten Riesen. Seine außerordentliche Größe machte ihn zum Wrestling-Superstar der 80er-Jahre. Er war aufgrund seiner Größe ein praktisch unbezwingbarer Gegner und blieb innerhalb der WWF unglaubliche 15 Jahre ungeschlagen. Aber Andrés enormer Körper war letztlich nicht wie man zu denken glaubt, sein Kapital sondern sein größter Albtraum.

André the Giant ist 1946 in der französischen Stadt Coulommiers als Sohn eines bulgarischen Vaters und einer polnischen Mutter zur Welt gekommen mit stolzen sechs Kilogramm Körpergewicht. André war mit zwölf Jahren bereits 1,91 Meter groß und konnte auf die Köpfe seiner Eltern herabschauen. Mit jungen 17 Jahren verließ er das Elternhaus und probierte sich in verschiedenen Sportarten aus. Über Fußball, Rugby und Boxen kam er schließlich zum Wrestling. Er baute sich ein Leben in den USA auf und lebte wie schon in seiner Kindheit auf einer Ranch in North Carolina. Sein zuhause war speziell auf seine Größe zugeschnitten, sodass er sich zumindest dort „normal“ bewegen und leben konnte.

Vor und hinter den Kameras galt er als der „Gentle Giant“. Er hatte eine sehr offene und freundliche Art zu seinen Wegbegleitern und den Zuschauern. Dem Publikum präsentierte er sich als Attraktion und wollte den Leuten überall auf der Welt einen echten „Giant“ zeigen. Und egal wo er auftauchte stand er stets im Mittelpunkt – auch fernab der TV-Kameras. Er lebte das „real-life-Gimmick“ vollkommen aus. Auf Fragen wieso er nicht versuche WWF Champion zu werden reagierte er meistens mit: “I don’t want to be a Champion. I just want to be the giant.“ – Ich will gar nicht Champion sein. Ich will einfach nur der Riese sein. Auch PR-Gags wie ein Probetraining bei dem Football-Team der Washington Redskins, wo das Team nur Helme, Ausrüstungen und Schuhe zur Verfügung hatte, die ihm wesentlich zu klein waren, bereiteten André eine Menge Spaß und Freude.

Nicht nur André selbst war riesig sondern auch sein Hunger und sein Durst. Es gibt zahlreiche Berichte von Ereignissen in denen der Riese die all you can eat-Buffets regelrecht plünderte. Legendär sind aber insbesondere die unglaublichen Geschichten zu seinem Wein- und Bierkonsum. Er erhielt den Namen „the greatest drunk on earth“, als er an einem Abend in knapp sechs Stunden 119 Dosen Bier getrunken haben soll. Eine Standard-Dose betrug damals 350 ml, was also insgesamt 41 Liter bedeuten würde! Laut Mike Graham und Dusty Rhodes soll er sogar einmal 156 große Dosen Bier an einem Abend verdrückt haben, was 71 Liter entsprechen würde. Fabulous Moolah schrieb darüber hinaus in ihrer Autobiografie, dass André 127 Bier trank und anschließend in der Hotellobby zusammenbrach und seinen Rausch ausschlief. Das Personal des Hotels konnte den Riesen demnach nicht zur Seite schaffen und musste ihn liegen lassen und einfach abwarten, bis er am nächsten Morgen wieder zu sich kam. Der britische Schauspieler und Autor Cary Elwes berichtete zudem von einem Zwischenfall, indem André sturztrunken und befreit von allen seinen Sinnen auf eine Person fiel und das New York Police Department anschließend einen Undercover-Ermittler beauftragte, der ihm folgen sollte, um ein solches Ereignis zukünftig zu verhindern.

So humorvoll all diese Geschichten auch klingen mögen, so ist der wahre Hintergrund dramatisch. André nutzte den Alkohol um sich abzulenken und um, wie so viele Abhängige, seine Schmerzen zu unterdrücken. Denn seine Größe brachte allerhand körperliche Probleme mit sich, die sich auch bald auf seine Psyche auswirkten. Mittels Alkohol versuchte er der harten Realität zu entfliehen.

Seine abnormale Größe ist auf eine hormonelle Disfunktion zurückzuführen, die eine vermehrte Produktion des Wachstumshormons Somatotropin zur Folge hatte. Man diagnostizierte ihm zum einen mit Gigantismus, was ihn sehr groß und zum anderen mit Akromegalie, die andere Körperteile, allem voran seine Hände, sehr groß werden ließ. Ein Gefühl für die großen Auswüchse bekam die Öffentlichkeit in einem Interview mit Gene Okerlund, indem er seine Hand mit der von André einem Größenvergleich unterzog und am Ende sogar sein Kopf kleiner war als die Hand des lebenden Riesen.

Aber wie bei vielen anderen Menschen mit dieser Krankheit, war auch Andrés Leben gefüllt mit Leid und Schmerzen. In der Regel ist die Lebenserwartung bei diesen Personen eher gering. So auch bei André…

Das ständige Lächeln, das ständige Spaß an der Freude haben war mehr oder weniger nur Fassade. Auch wenn André wirklich Spaß an dem hatte was er tat, so holte ihn seine Krankheit irgendwann einfach ein. Schon ziemlich früh hatte er sich mit dem Gedanken abgefunden, dass er ein nicht allzu hohes Alter erreichen würde. Als wäre der Alltag nicht schon schwierig genug, weil Kleidung und Schuhe ihm nicht passten, Autos für den Transport häufig zu klein waren und er in Flugzeugen meistens zwei Sitze buchen musste, die in der Regel extra umgebaut werden mussten. Signalisierte ihm sein Körper immer häufiger, dass seine Knochen seinen Körper einfach nicht tragen können. Die gesundheitlichen Probleme wurden größer. Auf einmal sah man ihn immer häufiger auf Krücken durch die Gegend laufen. Auf langen Wegen wurde er zum Teil im Rollstuhl geschoben um seinen Körper zu schonen. Medizinische oder operative Eingriffe an Gelenken gehörten für den gebürtigen Franzosen fast schon zur Tagesordnung. Der einstige Riese und das „immovable object“ der Wrestling-Szene war schwer angeschlagen und zog sich daher immer weiter zurück. Das Wrestling gab André zwar nie gänzlich auf, aber seine Möglichkeiten waren natürlich stark beschränkt und für die ganz großen Main-Events reichte es natürlich nicht mehr.

Am 27.01.1993 verstarb André the Giant im Alter von nur 46 Jahren. Zu seinen Ehren kreierte die WWF die Hall of Fame und nahm ihn als erstes und für das Jahr 1993 einziges Mitglied in die Ruhmeshalle auf.

Produktion des Video-Artikels: Felix Petersen, Nico Walter, Jonathan Guthy

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