
Er bestritt das erste “Ladder-Match“ bei einer WrestleMania, in der WCW wurde er als Mitglied der nWo neben Kevin Nash und Hulk Hogan eine der tragenden Persönlichkeiten in den “Monday-Night-Wars“, durch die das Wrestling den größten Boom der jüngeren Geschichte erlebte. Scott Hall gehört ohne Zweifel zu den größten Wrestlern aller Zeiten. Doch abseits des Rings hatte er lange Jahre mit Problemen zu kämpfen. Die Geschichte von Scott Hall.
Von der Straße in den Ring
Als Sohn eines US-Army-Offiziers und College-Student hatte Scott Hall eigentlich beste Voraussetzungen für ein gesichertes Leben. Als er jedoch auf eigene Faust nach Florida zog, hatte er dort mit schlechtem Umgang zu kämpfen. Er verdiente sich sein Geld zeitweise als Türsteher im Rotlichtmilieu, wo er mit 25 Jahren in eine Auseinandersetzung verwickelt wurde, die für Halls Gegenüber tödlich endete – aus der Waffe, mit der Hall bedroht wurde, löste sich versehentlich ein Schuss. Auch wenn er freigesprochen wurde, sollte ihn dieser Vorfall noch lange beschäftigen.
Da Hall in den selben Fitnessstudios wie die Wrestler in Miami trainierte, kam er mit diesen in Kontakt. Weil er als Kind großer Fan von Dusty Rhodes und selbst fast zwei Meter groß und muskulös war, brachte er für das Wrestling alles mit. So kamen seine ersten Anstellungen bei der AWA und dem WCW-Ableger der NWA, zweier großer und national agierender Promotions, zustande. Mit seiner beeindruckenden Statur und guten Leistungen machte er sich dort verdient und konnte fortan vom Job als Wrestler leben.
Aus Scott Hall wird Razor Ramon
Weil seinen Chefs das Vertrauen darin fehlte, Hall an die Spitze zu bringen, dachte er nach nur fünf Jahren als Wrestler bereits an das Aufgeben. Er hielt am Wrestling in erster Linie fest, weil er das Geld brauchte. „Diamond“ Dallas Page konnte ihm in dieser Phase eine Anstellung in der WCW verschaffen, die sich inzwischen vom NWA-Dachverband gelöst hatte und eine eigenständige Promotion war.
Auf den Sprung nach oben hoffte er aber auch diesmal vergebens, in der WCW wurde er nur in der Midcard eingesetzt und nicht zu einem Star aufgebaut. Daher versuchte er über Pat Patterson zur großen und damals marktführenden WWF zu kommen, was ihm nach über einem Jahr gelang.
Auf der Suche nach einem Gimmick lehnte Vince McMahon Scott Halls Figur an die Darsteller aus Scarface, Halls Lieblingsfilm, an und machte aus ihm einen Exil-Kubaner mit reichlich Brustbehaarung, Goldketten und kubanischem Akzent – Razor Ramon war geboren. Er verkörperte einen Bösewicht, wie er im Buche steht: selbstverliebt, abfällig, respektlos. Typisch für ihn wurde der Zahnstocher, mit dem er im Mundwinkel zum Ring kam und mit welchem er seine Gegner abfällig bewarf.
Suchtprobleme und Wechsel zur WCW
Neben seinen Erfolgen in der WWF als vierfacher Intercontinental-Champion wurde Scott Hall hinter den Kulissen Mitglied der berüchtigten Gruppierung „The Kliq“, zu der neben ihm auch Stars wie Shawn Michaels, Kevin Nash oder Triple H gehörten. Sie reisten nicht nur zu ihren zahlreichen Auftritten gemeinsamen an, sondern tranken auch Alkohol und konsumierten andere Substanzen.
Für Scott Hall war dies vor allem eine Möglichkeit, dem Stress, der steigenden Aufmerksamkeit und Verantwortung zu entfliehen. Dies sollte sich später auch negativ auf seine Karriere auswirken und ihn an den Rand des Abgrunds bringen.
Da er sich mit Vince McMahon nicht auf eine Gehaltserhöhung einigen konnte, verließ er zusammen mit Kevin Nash, einem seiner engsten Freunde im echten Leben, 1996 die WWF und schloss sich wieder der WCW an. Dort wurden sie Teil einer Storyline, in der sie die feindliche Übernahme der WCW durch Wrestler der WWF inszenieren sollten.
„We’re taking over!“
Eric Bischoff, der kreative Leiter der WCW, schockte die Fans mit dem Heelturn von Hulk Hogan, der schon länger zur WCW gehörte, dort aber als Publikumsliebling ausgedient hatte. Hogan schloss sich Hall und Nash an und zusammen bildeten sie die Gruppierung „nWo“, die new World order (= neue Weltordnung).
Die nWo wurde über Jahre zum Verkaufsargument der WCW und 1997 die Triebkraft in den “Monday-Night-Wars“. Mit der Storyline rund um die nWo konnte die WCW von Ende 1996 bis Anfang 1998 die Zuschauer am Montagabend für sich gewinnen, als die WWF und die WCW parallel ihre Wochenshows in Konkurrenz liefen lassen. Dies führte die WWF fast in den Ruin und erst durch das Einläuten der Attitude-Ära konnte sie das Ruder herumreißen.
Die nWo geht nicht nur als Gruppierung, sondern auch als Mythos in die Wrestling-Geschichte ein. Noch heute tragen Wrestling Fans auf der ganzen Welt T-Shirts mit dem berühmten Logo und selbst innerhalb der WWF war die nWo unter den Wrestlern in aller Munde.
Durch den herausragenden Erfolg erhielt Scott Hall unter Eric Bischoff auch die kreative Freiheit über seinen Charakter. Dies kam ihm allerdings nicht zugute, denn dadurch wurde er auch privat wieder zunehmend undisziplinierter und verfiel erneut den Drogen. Vor allem deshalb wurde ihm später der Sprung an die Spitze der WCW verwehrt. Zusätzlich verwickelte man Hall in eine äußerst geschmacklose Alkoholiker-Storyline, welche später zu Recht von allen Seiten kritisiert wurde.
Bad days for the bad guy
2001 war die WCW am Ende. Die WWF hatte die Gunst der Zuschauer wieder für sich gewonnen und die WCW blamierte sich immer wieder beim Versuch, abermals die Kehrtwende einzuleiten. Schließlich wurde die WCW aufgrund finanzieller Probleme von der WWF und Vince McMahon aufgekauft, wodurch alle Wrestler der geschluckten Company Eigentum der WWF wurden.
Durch diese Zustände verschlechterte sich der Zustand von Scott Hall weiter, ehe er 2002 endgültig entlassen wurde, um sich um seine persönlichen Probleme zu kümmern.
In den kommenden zehn Jahren sollten einige Verhaftungen folgen – Scott Hall schaffte den Absprung nicht. Der absolute Tiefpunkt folgte im August 2011, als er für eine Indy-Show in Fall River, Massachusetts gebucht wurde, bei der er sturzbetrunken die Halle betrat und kaum aufrecht gehen konnte. Nur mit der Hilfe mehrerer Begleiter konnte er sich überhaupt auf den Beinen halten und den Ring betreten. Ein trauriges Schauspiel. Später musste er wegen auffällig niedrigem Blutdruck in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Entzug und Hall of Fame
Jake “The Snake“ Roberts war zu einer ähnlichen Zeit wie Hall Wrestler in der WWF, er hatte ebenso mit Suchtproblemen, aber auch Depressionen zu kämpfen. Zusammen mit Dallas Page, der heute als Fitnesscoach arbeitet und mit DDP Yoga ein Fitnessprogramm für jedermann vertreibt, zog er Hall aus seinem Loch.
Er absolvierte einen von der WWE bezahlten Entzug, mit dem er sich aus dem Tief kämpfte und seine Alkoholprobleme in den Griff bekam. Man stellte hierbei eine posttraumatische Belastungsstörung fest, die der tödliche Vorfall vor dem Nachtclub in den 80er Jahren hervorrief.
Dallas Page half ihm, körperlich wieder zu Kräften zu kommen. Anfangs war Hall stark überwichtig und saß zeitweise sogar im Rollstuhl, schließlich erreichte er Normalgewicht und war auch körperlich wieder fit.
2014 wurde Scott Hall, auch als Teil seiner Reha-Maßnahme, am Abend vor WrestleMania 30 in die Hall of Fame eingeführt. Seine Rede beendete er mit den bewegenden Worten:
„Hard work pays off, dreams come true. Bad times don’t last but bad guys do.”
Produktion: Philipp McGuthy, Jonathan Guthy, Svane Malz
Sehr schade !! Er ist/ war ein Idol für viele Wrestling Fans der 90er/ 00 er !