Wie AEW das Wrestling übernimmt

AEW ist knapp 2 ½ Jahre nach seiner Gründung in aller Munde und der Erfolg gibt der Promotion recht. Über eine Million TV-Zuschauer, 10.000+ Arenen für Wochenshows und ein brandheißer Sommer, der mit der Verpflichtung von Daniel Bryan, CM Punk und Adam Cole ungeahntes Momentum aufgebaut hat. Der Hype ist real bei AEW

Wo geht es mit AEW hin? Wird das Roster auf Dauer nicht zu voll? Sind es nicht inzwischen zu viele Ex-WWE-Wrestler? Schauen wir es uns an …

AEW ist Wrestling. Pro Wrestling. AEW macht Entertainment. Aber sie entertainen mit Wrestling und nicht mit Sports Entertainment. AEW umarmt die Identität als Wrestling-Promotion. Und das zieht Wrestler an, die Wrestling lieben. Bryan, Punk und und und. AEW übernimmt die Wrestler. Und während WWE weiter Sports Entertainment produziert, übernimmt AEW das Wrestling.

AEW ist eine Alternative. Eine echte Alternative. Vermutlich die erste richtige Alternative zum Marktführer WWE seit mehr als 20 Jahre. Diesen Schritt haben viele Promotions vor AEW versucht zu gehen. Erinnern wir uns an TNA die mit Altstars und Wrestlern über ihren Zenit agiert haben, an ROH die zwar einen sehr finanzstarken Geldgeber im Hintergrund haben aber doch immer Nische geblieben sind, oder Lucha Underground die mit einem ganz neuen Konzept der Produktion und Ausstrahlung als Serie einen noch nie da gewesenen Ansatz wählten.
AEW ist anders. Die Promotion hat es geschafft Tony Khan, einem Wrestling-Nerd, von ihrer Idee zu überzeugen. Nur um das kurz einzuordnen, die Finanzkraft der Familie Khan geht so weit, hätten sie gewollt, sie hätten WWE wohl auch kaufen können. Diese finanzielle Unabhängigkeit und der dadurch mögliche Vorschuss ins Produkt halfen direkt ein vielfältiges Roster aufzustellen.

Mit den Young Bucks wurden zwei Wrestler Verantwortliche, die davor in wohl jeder Turnhalle der Staaten und für jede kleine Liga angetreten waren. Mit Kenny Omega wurde jemand gewonnen der tief im japanischen Wrestling verwurzelt ist und Cody Rhodes ist ein home grown WWE Wrestler der alleine durch seine Familienzugehörigkeit das who is who der Szene kennt. Und Abschließend gab es bereits vor der Gründung von All Elite Wrestling einen unglaublichen Fansupport. Es gab eine AEW Fanszene, bevor es AEW überhaupt gab.

Der AEW-Kader besteht aus fünf Säulen: The Elite, AEW Originals, Ex-WWE Wrestler, Legenden und Kooperationen/Free Agents.

The Elite
Das Herz. Das Kernstück von All Elite Wrestling. Gründer, EVPs und Strippenzieher. Um sie dreht sich vor und hinter der Kamera alles. Ohne dass sie sich aufgrund ihrer Stellung gewollt in den Vordergrund drängen. Die Geschichten werden meist über den Kern eingeleitet, neue Wrestler ins Produkt eingeführt oder bestimmte Wrestler gepushed. Beispiele hierfür gibt es nach fast drei Jahren zu genüge. Exemplarisch sei hier der Aufstieg von Darby Allin über die Matches mit Cody, die Einführung von Tag-Teams wie Private Party oder Top Flight durch die Bucks oder die seit Beginn von AEW erzählte Geschichte zwischen Kenny Omega und Hangman Page genannt. Mit Adam Cole gewinnt die Kern Gruppe The Elite neben Kenny Omega einen weiteren starken Einzelwrestler, welcher viele neue Optionen für Erzählungen bietet. Alleine schon durch seine Bullet Club Vergangenheit.

AEW Originals
Die Namen Darby Allin und Hangman Page bringen uns direkt zum nächsten Teil des Rosters. Seit Beginn wurde sich auf die Fahne geschrieben eine eigene Identität zu schaffen. Diese Identität sollte aus Wrestlern bestehen die vorher noch nicht, oder nur unregelmäßig bei größeren Promotions angetreten waren. Hierfür wurde Christopher Daniels als einer der führenden Talentscouts hinter den Kulissen engagiert. Die Namen die seit an Anfang an dabei sind inkludieren MJF, Sammy Guevara, Darby Allin, Jungle Boy, Britt Baker und die Dark Order (die ihren Ursprung in den Super Smash Brother hat). Eine Besonderheit bei den AEW Originals bilden Chris Jericho und Jon Moxley. Beide waren lange vor AEW Topstars und haben über Jahre den Marktführer geprägt. Mit ihnen gelangen AEW aber bereits zu Gründungszeiten richtungsweisende Verpflichtungen zu Legitimation des Projektes. Für Jericho und Moxley ist AEW wiederum eine Möglichkeit sich neu zu erfinden.

Ex-WWE Wrestler
Nicht nur Jericho und Moxley haben die Möglichkeit genutzt sich durch mehr persönliche Freiheit und Mitspracherecht neu zu erfinden. In den letzten Jahren sind auch ehemalige WWE Wrestler wie Jack Hager, Matt Hardy, Christian Cage, Andrade Il Idolo, Brodie Lee, Miro, FTR und Tommy End bei AEW aufgetaucht. Sie alle verbindet ihre Vergangenheit. Ihre Motive sich für einen Wechsel zu entscheiden dürften aber so vielfältig wie ihre In-Ring Charaktere sein. AEW geben sie neben Erfahrung und Hilfe für die jungen Wrestler noch weitere Möglichkeiten. Befinden sich Wrestler wie Andrade, Miro und Black gerade in ihrer Prime und können über die nächsten Jahre prominent im Produkt eingesetzt werden, geben Hardy, Christian und Hager dem Roster mehr Tiefe und können kurzfristig beim weiteren Aufbau helfen. Gute aktuelle Beispiele sind die Beziehung von Christian und Jungle Boy, das Mentoring von Hardy für Private Party und die Storyline zwischen Hager und Wardlow. Mit den nun Verpflichteten CM Punk und Danielson hat man Wrestler um die 40 mit absolutem Main-Event-Status, die jeden Pay-Per-View besser machen, die glaubhaft World Champion sein können und die noch ein paar gute In Ring Jahre haben um die nächste Generation vorzubereiten. Gerade Danielson sollte mit seinen Fähigkeiten im Ring das Wrestling von AEW nochmal auf eine neue Stufe heben. Das bei All Out angedeutete Match gegen Kenny Omega dürfe wohl eines der besten In-Ring Matches der Wrestling Geschichte werden.

Legenden

Stehen die letztgenannten noch aktiv im Ring ist es bei der nächsten Kategorie eher nicht der Fall und auch nicht mehr gewünscht. AEW hat ein sehr prominentes Portfolio an Wrestling Legenden zusammengestellt. Diese Legenden sind Mentoren wie Sting oder Jake Roberts, Trainer wie Arn Andersen oder Sprachrohr a la Taz, Tully Blanchard oder Chavo und Vickie Guerrero. Sie sind nicht dazu da World Titles zu gewinnen oder im Main Event von PPV zu stehen. Sie sollen langfristig die nächste Generation von Wrestlern aufbauen, formen und vor der Kamera unterstützen. Sie haben eine organische Funktion innerhalb des Rosters und sind nie das Zentrum von Erzählungen. Sie helfen wie Sting es bei Darby tut, sie coachen wie es Team Taz macht oder sind der clevere Manager der einen Vorteil erwirkt wie Tully Blanchard.

Kooperationen/Free Agents

Als würde dieser Kosmos nicht schon reichen bedient sich AEW eines weiteren Mittels um Roster und Erzählungen frisch zu halten. AEW schottet sich nicht ab. Für AEW existieren andere Promotions. Diese werden nicht nur nicht verschwiegen, es wird mit ihnen kooperiert um den Talentepool um die Roster von Impact, NJPW, Triple AAA und NWA zu erweitern. So wird der AEW World Champion bei Impact von einem NJPW Wrestler herausgefordert, ein Kenta greift bei Dynamite Jon Moxley an, eine Serena Deeb hilft als NWA Champion die Women’s Division voran zu bringen und Kenny Omega will eh die Titel von allen Promotions.

AEW bucht aber auch Wrestler für einzelne Auftritte oder Storylines. So traten schon Jeff Cobb, Tessa Blanchard, Lio Rush oder Nick Gage bei AEW an.

Einige dieser Free Agent Bookings sind inzwischen fester Bestandteil des Rosters wie Ricky Starks, Eddie Kingston und Matt Sydal. Wobei sich Starks und Kingston über TNT Championship Matches mit Cody für mehr empfahlen und sich so der Kreis zur ELITE schließt.

Aber braucht AEW Daniel Bryan und CM Punk?

Nein brauchen sie nicht. Aber sie sind das Beste, was AEW passieren kann. Sie sind ein Schritt in Richtung Mainstream. AEW gibt WWE-Fans die Möglichkeit, immer mehr anzuknüpfen. Dafür braucht es Top-Wrestler wie Bryan und Punk. Es geht nicht nur um gute Matches, es geht vor allem um Starpower. Mit Punk und Bryan hat AEW beides. CM Punk könnte ähnlich wie Lesnar bei WWE die „Special Attraction“ von AEW werden.

Danielson hingegen könnte mit ausgewählten Matches die Träume von so vielen Wrestlingfans erfüllen und die nächste Generation mit wertvollen Tipps versorgen.
Beide könnten außerdem zu ihren Bedingungen bei AEW auftreten und haben so die besonders von Danielson gewünschte Freiheit wieder (mehr) im Ring zu stehen und großes kreatives Mitspracherecht, wenn auch wie von Tony Khan bestätigt gibt es keinen Wrestler mit kreativer Kontrolle bei AEW.

Wird das AEW Roster nicht zu voll?

Es sind viele Namen, sehr viele. Aktuell wirkt es als hätte ein Großteil des Rosters seine Aufgabe und seinen Platz gefunden. AEW bedient sich geschickter Rotation im TV. Hält so viele Wrestler frisch und erzeugt Vorfreude, wenn sie wieder zu sehen sind. Mit dem Start von Rampage hat man seit August insgesamt 4 Produkte auf die sich Wrestler verteilen lassen und für die es Geschichten zu erzählen gibt. Außerdem geht es AEW um das Erzählen von Geschichten und Schaffung von Charakteren auf verschiedenen Ebenen. Nicht jeder muss oder soll ein Mainstream-Star sein, bekommt dafür aber bei Dark die Freiheit seine Story zu erzählen.

Mit großen Stars kommt große Verantwortung! Hoffen wir, dass dieser AEW Sommer nur ein Vorgeschmack auf die nächsten Jahre ist.

𝗣𝗥𝗢𝗗𝗨𝗞𝗧𝗜𝗢𝗡: André Marowski, Jonathan Guthy

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